Mary Kisima besuchte auf ihrer Fortbildungsreise verschie­dene Einrichtungen in Deutschland. (Fotos: action medeor)

Pharmazie in Tansania -Mehr als Tabletten abgeben

Die tansanische Apothekerin Mary Kisima hat im Februar zwei Wochen in Deutschland verbracht. Gemeinsam mit Mitarbeiterinnen der Stiftung action medeor besuchte sie Einrichtungen, in denen Apothekerinnen arbeiten. Im Gespräch mit der UniDAZ berichtet sie von pharmazeutischen Ein­drücken aus Deutschland und Tansania. Parallelen zwischen den beiden Ländern lassen sich an vielen Stellen ziehen.

Wie wird man in Tansania eigentlich Apothekerin? Das erklärt Mary Kisima gleich zu Beginn des Gespräches. Ebenso wie in Deutschland lernen angehende tansanische Apothekerinnen vier Jahre lang an der Universität (Bachelor of Pharmacy). Anschließend steht auch dort ein einjähriges Praktikum an, bevor nach einer erfolgreichen Abschlussprüfung die Lizenz als Apothekerin überreicht wird. Wer den entsprechenden Schulabschluss mitbringt, kann direkt nach der Schule an die Universität gehen. Es gibt aber auch noch einen zweiten Weg, erklärt Mary: Ebenfalls ist es möglich, sich zunächst zum „Pharmacy Technician“ ausbilden zu lassen und anschließend den Bachelorstudiengang zu besuchen.

Mary arbeitet im Muhimbili Nationalkrankenhaus in Tansania …

Mary hat sich nach ihrem Bachelor außerdem noch für einen aufbauenden, zweijährigen Master in „Pharma­ceutical Management“ entschieden, für den sie ein Stipendium der action-medeor-Stiftung erhielt. Auf dem Stundenplan standen unter anderem Finanz- und Personalverwaltung, aber auch Lieferkettenmanagement. Auf Letzteres hat Mary sich spezialisiert. Was genau man sich darunter vorstellen kann, erklärt sie anhand ihres Arbeitsbereiches im Muhimbili Nationalkrankenhaus. Im Zentrum ihrer Arbeit hier: sicherstellen, dass die benötigten Arzneimittel und sogar medizinischen Geräte bedarfsgerecht für den Krankenhaus­betrieb verfügbar sind. „Verfügbarkeit ist wirklich das Zauberwort“, sagt Mary.

Zunächst erstellt sie dazu gemeinsam mit dem medizinischen und pflegenden Personal einen Bedarfsplan: Was wird in welchen Mengen benötigt? Dann folgt der Abgleich mit dem Budget, das für den Zeitraum zur Verfügung steht. Was realistischerweise angeschafft werden kann, wird anschließend online ausgeschrieben. Die eingehenden Angebote werden geprüft und verglichen, bevor die Bestellungen abgesetzt werden können. Die angelieferte Ware wird dann inspiziert, gelagert bzw. an die Einrichtungen des Krankenhauses weiterverteilt. „Und dann geht alles wieder von vorne los“, lacht Mary. Etwa alle zwei Monate bestellen sie und ihr Team neue Waren. Besonders viel Freude bereitet ihr dabei, wenn sie aus den begrenzten Ressourcen das meiste herausholen kann. „Ich mag es einfach, wenn die Dinge gut gemacht werden.“ Aber auch daran, Wissen zu vermitteln, zu inspirieren und so andere voranzubringen, hat sie viel Freude. „Das passiert ganz automatisch, wenn ich etwas Zeit habe“, berichtet sie.

… und sie ist Vizepräsidentin der Pharmazeutischen Gesellschaft von Tansania

Wenig überraschend daher, dass sie auch als Vizepräsidentin in der Pharmazeutischen Gesellschaft von Tansania aktiv ist. Hier hat sie eine regelmäßige Webinar-Reihe auf die Beine gestellt, die der Weiterbildung dient. Besprochen werden darin Themen, die auch auf der aktuellen Agenda deutscher Fortbildungsveranstaltungen zu finden sind – wie etwa die Rolle der Apotheker bei der Versorgung von an Bluthochdruck Erkrankten. Gleichzeitig bieten diese Veranstaltungen jungen Pharmazeuten Gelegenheiten, sich zu vernetzen, und können auch die Tür zum nächsten oder ersten Job öffnen. Denn anders als in Deutschland zählen Apothekerinnen in Tansania nicht zu den Berufen mit Nachwuchsproblemen.

Fortbildungsreise nach Deutschland: Für Mary geht ein Traum in Erfüllung

Zu Jahresbeginn konnte sich Mary einen Traum er­füllen und eine persönliche Fortbildungsreise nach Deutschland unternehmen. „Vor allem, um meinen Horizont zu erweitern“, gibt sie als Grund für die Wahl des Reiseziels an. Einen Blick in eine andere Kultur und ein anderes pharmazeutisches System zu werfen, sei sehr inspirierend. Anknüpfungspunkt in Deutschland war ihr ehemaliger Stipendiengeber action medeor. Neben einem Besuch bei der „Notapotheke der Welt“ standen aber auch Termine im Bundesgesundheitsministerium, beim BfArM, dem Arzneimittelhersteller Madaus und der Apotheker­kammer Nordrhein auf dem Programm.

Als Klinikumsapothekerin konnte Mary fachlich bei einem Besuch im Uniklinikum Köln viel mitnehmen. „Apotheker können mehr als nur Tabletten ausgeben. Dafür setze ich mich auch als Vizepräsidentin der Pharmazeutischen Gesellschaft in Tansania ein. Und in Köln habe ich einige der Ansätze in Anwendung gesehen, die wir auch noch umsetzen möchten“, sagt Mary. Es habe sich aber auch schon einiges getan in den vergangenen Jahren: Seit 2023 läuft ein unter anderem von action medeor finanziertes Projekt zur Einführung der klinischen Pharmazie in Tansania, dem Mary großen Erfolg attestiert. Im Muhimbili Nationalkrankenhaus können Apotheker*innen mittlerweile auch an Visiten teil­nehmen, Ärztinnen und Pflegepersonal beraten und zum Medikationsmanagement beitragen. In Köln ist Mary positiv aufgefallen, dass Ärztinnen und Apo­thekerinnen sich auf Augenhöhe begegnen. Bei Diskussionen beteiligen sich beide Berufsgruppen auf konstruktive Art und Weise.
Als persönliches Highlight gibt Mary die Ausstellung im Gasometer Oberhausen an. „Ich liebe die Natur“, sagt sie, „und dort war so viel davon zu sehen.“ Auch der Kölner Karneval hat Eindruck hinterlassen. Möglich also, dass Mary Deutschland noch einmal besuchen wird. „Die Welt zu bereisen und mich von ihr inspirieren zu lassen, ist Teil meines Lebensmottos.“

Dr. Gesa Gnegel

Apothekerin und DAZ-Redakteurin