Über Zoom nach Malawi?

Tübinger Pharmazeut:innen im digitalen Austauschprogramm

In der Corona-Pandemie fallen internationale Austauschprojekte ins Wasser. Aber wenn wir schon digital lernen – warum dann nicht gleich mit Studierenden auf der anderen Seite der Welt zusammenarbeiten? Dies war die Mission je vier Studierender der Universität Tübingen und des Pharmacy Department der University of Malawi. Für die UniDAZ schreiben sie, wie es war.

Weil sich seit 2017 das pharmazeutische Institut der Universität Tübingen mit dem Pharmacy Department in Blantyre, Malawi, austauschen, können jährlich je vier malawische und deutsche Studierende das Institut im anderen Land besuchen. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) fördert dieses Projekt. 2020 war zum ersten Mal ein zusätzlicher Austausch mit der Faculty of Pharmaceutical Sciences der University of Rwanda geplant, und wir hofften, im Herbst in eines dieser beiden Länder reisen zu dürfen. Doch Ende Mai 2020 erreichte uns die Nachricht, dass der Austausch aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie so nicht durchführbar ist. Wie groß war erst einmal unsere Enttäuschung! Der DAAD regte an, dass wir stattdessen einen Online-Austausch zwischen deutschen und malawischen Pharmaziestudierenden auf die Beine stellen könnten. Also brachten wir eine gemeinsame Projektarbeit auf den Weg, die wir für unser Wahlpflichtfach „Pharmacy in Global Health“ präsentierten. Der Global Health-Ansatz strebt Gesundheit und eine ebenbürtige Gesundheitsversorgung für die Menschen weltweit an.

Ende September fiel der Startschuss und wir setzten uns mit je einem oder einer malawischen Student:in in Verbindung. Nach einem anfänglichen persönlichen Kennenlernen tauschten wir uns über alltäglich Fragen zum Leben als Pharmaziestudierende in beiden Ländern aus. Uns gefiel, dass uns die malawischen Kolleg:innen per Videokonferenz durch eine örtliche Krankenhausapotheke führten. Der starke malawische Akzent bereitete uns zu Beginn kleinere Verständigungsprobleme, auch die teils schlechte Internetverbindung stand manchmal im Weg. Dennoch wurde in der Zeit des Austausches öfter aus einer kurzen Frage zur Projektarbeit eine zweistündige Diskussion über Deutschland und Malawi. Wir stellten fest, dass das Studium in Malawi wesentlich weniger laborpraktisch, aber dafür berufsorientierter aufgebaut ist als in Deutschland.

Die Tübinger Austauschstudierenden treffen sich mit ihren Partner:innen Chikondi Harrison, Luke Bande, Farida Zamwayi und Chipiliro Moses Malawi (Foto: Johanna Igel)

Für uns war interessant, das malawische Gesundheitssystem kennenzulernen. Dessen Organisation war für uns auf den ersten Blick nicht leicht zu durchschauen: Nur wenige Menschen in Malawi haben eine Krankenversicherung, dafür sind die meisten Gesundheitseinrichtungen staatlich und behandeln ihre Patienten umsonst. Das wiederum stellt den Staat finanziell vor große Herausforderungen. Arzneimittel liefert im öffentlichen Sektor ein großer staatlicher Großhändler (CMST = Central Medical Stores Trust). Unsere malawischen Kommiliton:innen waren erstaunt, dass in Deutschland Arzneimittelmangel und –Diebstähle vergleichsweise selten sind. Uns deutsche Studierende überraschte hingegen der große Einfluss der „Traditional Healers“ in Malawi. Die traditionelle Medizin genießt in der Bevölkerung Malawis ein hohes Vertrauen. Gleichzeitig ist sie in ländlichen Gebieten häufig besser zugänglich: In fast jedem Dorf gibt es einen traditionellen Heiler. Sie kümmern sich mit Heilpflanzen, Reinigungen oder Opfergaben um physische und psychische Krankheiten. Überwacht werden die Heiler von der Malawi Traditional Healers Umbrella Organisation, seit 2020 gibt es außerdem ein nationales Regelwerk zur traditionellen und komplementären Medizin. So will der Staat die traditionelle Medizin in das malawische Gesundheitswesen intergieren und gesetzlich regulieren – zum Schutz und zur verbesserten Gesundheitsversorgung der Bevölkerung.

Den Kurs „Pharmacy in Global Health“ organisierten wir im März 2021 über Zoom, wodurch wir Referent:innen aus der ganzen Welt einladen konnten. Hier stellten wir unsere Projektarbeiten vom Deutsch-Malawischen Online-Austausch vor, die Unterschiede in der Gesundheitsversorgung zwischen Malawi und Deutschland beleuchteten. Der Kurs bot uns Einblicke in viele wichtige Aspekte des globalen Gesundheitsmanagements, wie die Arzneimittellogistik, Probleme der Arzneimittelqualität oder das Erstellen einer Essential-Medicines-List. Er bereicherte uns alle, da uns Global Health und eine nachhaltige, qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung in der ganzen Welt am Herzen liegt. Der Online-Austausch mit den malawischen Studierenden war eine großartige Erfahrung für uns. Dennoch hoffen wir, dass wir unsere Austauschpartner bald in Malawi besuchen und eine Führung durch die Vielfalt ihres Landes erleben können.

Xenia Fröhlich, Johanna Igel, Louis-Philippe Ott, Annika Zerrer

Xenia, Johanna, Louis-Philippe und Annika studieren Pharmazie an der Universität Tübingen.