Rebekka Pavone (Foto: Alex Schelbert)

Was macht eigentlich das Arzneibuchlektorat?

Blau, schwer und viele Seiten – wohl jeder Studierende der Pharmazie kennt das Arzneibuch. Es ist mit den beinhaltenden allgemeinen Verfahren und spezifischen Monographien sozusagen der Heilige Gral unseres Berufsstandes und besteht in Deutschland aus drei Teilen: dem Deutschen Arzneibuch (DAB), dem Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) und dem Homöopathischen Arzneibuch (HAB). Das Lektorat des Arzneibuchs ist Teil unseres Verlagshauses in Stuttgart (Deutscher Apotheker Verlag) und steht seit April 2025 unter neuer Leitung. Rebekka Pavone, Apothekerin, hat in Marburg an der Lahn Pharmazie studiert und das Praktische Jahr unter anderem in der Krankenhausapotheke absolviert. Mit dem Deutschen Apotheker Verlag stand sie bereits vor ihrer Arbeit im Lektorat in Verbindung. Im Interview mit der UniDAZ hat sie über ihren Beruf gesprochen.

UniDAZ: Rebekka, liest du in deiner Freizeit gerne?
Pavone: Das tue ich! Abgesehen von Nachrichten lese ich gerne Romane und gesellschaftliche Krimis.

UniDAZ: Und wann hast du das erste Mal im Arzneibuch gelesen?
Pavone: Das war im Arzneibuch-Praktikum im Studium und gelegentlich haben wir auch die Identitätsreaktionen nachgeschaut. Generell haben wir natürlich oft damit im Studium gearbeitet.

UniDAZ: Welche Richtung hast du dann nach dem dritten Staatsexamen gewählt?
Pavone: Nach dem dritten Staatsexamen bin ich in die öffentliche Apotheke gegangen, und da war ich bis 2024 in verschiedenen Apotheken.

UniDAZ: Tatsächlich hattest du ja während der Zeit bereits Kontakt mit dem Deutschen Apotheker Verlag. Wie kam es denn dazu, und was genau hast du gemacht?
Pavone: 2016 habe ich angefangen zu überlegen, ob ich nicht auch was anderes machen kann, und kam so mit der Redaktion der „PTAheute“ in Kontakt. Daraus wurde dann eine Beschäftigung als freie Autorin, der ich neben der Arbeit in der öffentlichen Apotheke nachgegangen bin. Ich fand das total gut, weil das eine Mischung aus Praxis und Kopfarbeit war, wodurch man sich noch mal anders mit den Inhalten befasst. Das ist für einen selber auch die beste Fortbildung, die man machen kann, wenn man ein Thema aufarbeitet!

UniDAZ: Und wie kam es dann zu dem Entschluss, dass du dich im Arzneibuch-Lektorat bewirbst?
Pavone: Das Arbeiten mit den Texten hat mir sehr gut gefallen, und ich habe mich dann in dem Bereich selbst etwas weitergebildet. Dann kam auch der Entschluss, dass ich auf diesem Weg mit pharmazeutischen Inhalten arbeiten möchte.

UniDAZ: Hast du eine Stellenanzeige für das Arzneibuch-Lektorat gesehen, oder wie bist du darauf aufmerksam geworden?
Pavone: Ich war letztes Jahr auf der Interpharm (Anmerkung der Redaktion: Die Interpharm ist ein jährliches pharmazeutisches Fortbildungsfestival, veranstaltet vom Deutschen Apotheker Verlag), um den persönlichen Kontakt mit der PTAheute-Redaktion zu pflegen. Später habe ich dann von der Stellenanzeige im Arzneibuch-Lektorat erfahren. Bei der Lektorats-Leitung fand ich, dass das rundum passt. Ich hatte auch Lust auf eine Führungsstelle, weil ich gerne Verantwortung über­nehmen wollte.

UniDAZ: Welche Voraussetzungen muss man mitbringen für eine Stelle im Arzneibuch-Lektorat, und wie kann eine interessierte Person Teil des Lektorats werden?
Pavone: Ich würde sagen, einfach dafür bewerben. Da das Arzneibuch aus dem Englischen und Französischen ins Deutsche übersetzt wird, muss man mindestens eine, besser beide Sprachen können. Wir im Lektorat machen nur kleine Übersetzungen und Änderungen; das meiste macht eine externe Redaktion. Manchmal müssen wir die Texte gegen die Originale gegenlesen, und im Französischen ist es gelegentlich präziser ausgedrückt. Das finde ich einen spannenden Aspekt, dass man Sprache und pharmazeutische Inhalte verknüpfen kann, weil ich gerne Sprachen gelernt habe.

UniDAZ: Wie kann man sich diese externe Redaktion vorstellen?
Pavone: Die externe Redaktion gehört zu den Arznei­mittelbehörden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Redakteure arbeiten bei den Behörden und werden von denen in die Konferenz entsendet. In Deutschland gibt es zwei Arzneimittelbehörden, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Wir sind praktisch der Dienstleister für die Behörden. Die Experten haben alle schon eine pharmazeutische oder medizinische Laufbahn oder haben schon sehr viel Erfahrung. Eine Kollegin kommt aus dem regulatorischen Bereich und sieht vieles aus dem rechtlichen Blickwinkel. Wir haben eine Biologin, die übersetzt die pflanzlichen Texte. Zwei kommen aus dem PEI, die haben sich schon beruflich mit Impfstoffprüfungen befasst. Man braucht den fachlichen Hintergrund, damit man die Texte übersetzen kann. Die Experten bearbeiten jeweils die zugeteilten Texte, und in den mehrtägigen Sitzungen werden diese dann freigegeben.

UniDAZ: Welche Aufgaben hat das Lektorat in dem gesamten Prozess?
Pavone: Wir sind für die Prüfung zuständig und lesen Korrektur. Dann geben wir das Ganze weiter zum Satz und an die Produktion. Außerdem übernimmt der Verlag neben dem Lektorat die ganze Organisation und die Produktion von dem Werk. Wir verteilen nach Absprache die Texte an die Redakteure, wir organisieren die Sitzungen. Für das, was nach uns kommt, Satz und Druck und alles für die Digital-Version, haben wir auch noch mal einen Dienstleister; da kommt noch ganz viel danach.

UniDAZ: Ist der Arbeitsalltag mit viel Stress verbunden?
Pavone: Ich glaube, nicht mehr als in anderen Redaktionen. Wir haben zwar auch den Termindruck, weil wir am Ende einen Inkraftsetzungstermin einhalten müssen, aber wir haben einen Zeitplan, der gut einzuhalten ist.

UniDAZ: Du hattest die mehrtägigen Sitzungen erwähnt. Wie laufen die denn ab?
Pavone: Wir machen von jeder Sitzung zwei Mitschriften. Die Experten diskutieren, und wir protokollieren die Ergebnisse und notieren, was geändert werden soll. Ich bin als Lektoratsleitung immer in der Sitzung, und die Kolleginnen wechseln sich ab. Ich finde die Sitzungen tatsächlich sehr anspruchsvoll, weil man den Diskussionen fachlich und sprachlich folgen und zum Teil einen Konsens finden muss. Aber es gehen alle sehr freundlich und wertschätzend miteinander um. Allerdings ist man sechs Stunden am Tag konzentriert, und das ist schon anstrengend.

UniDAZ: Würdest du sagen, die Arbeit im Lektorat erfüllt dich?
Pavone: Ja, weil das für mich so vielschichtig ist und viele verschiedene Aspekte hat. Ich arbeite mit dem Text, ich arbeite aber auch mit vielen Menschen zusammen.

UniDAZ: Jetzt arbeitest du den ganzen Arbeitstag mit dem Arzneibuch, aber hast du zu Hause auch ein eigenes Exemplar, so als Souvenir deiner Arbeit, stehen?
Pavone: Leider nein, aber ich habe so einen Überzug, also praktisch die blaue Folie. Die müsste von der Auflage 11.6 sein. Ich finde es auch einfach cool, für ein so wichtiges Werk zu arbeiten, weil das ein Wissensschatz ist, wo so viel drinsteckt. Da bin ich echt stolz drauf.

Lara Hahn

Lara Hahn hat in Würzburg Pharmazie studiert und nach Erhalt ihrer Approbation ein Jahr in einer öffentlichen Apotheke gearbeitet. Seit Mitte 2024 arbeitet sie als Volontärin in der Redaktion der medizinisch-pharmazeutischen Zeitschriftentitel.