Illustration: Duke L. Nguyen

Do you speak … Fremdsprachen?

Du hast gerade dein zweites Staatsexamen in der Tasche und startest dein PJ in der Apotheke? Da kann es anfangs manche Herausforderungen geben. Eine davon ist möglicherweise die Beratung in Fremdsprachen. Obwohl das im ersten Moment schwierig klingt, gibt es eine ganze Reihe von Hilfestellungen, die man sich zunutze machen kann. Damit ist eine ordnungsgemäße Beratung auch in Situationen mit Verständigungsschwierigkeiten machbar.

Stolpersteine bei der Beratung fremdsprachiger Patienten

Sie kommen nicht in allen Apotheken gleich häufig vor. Arbeitet man in einer Stadtapotheke oder in einem Urlaubsgebiet, wird man öfter auf sie treffen als in abgelegeneren Landapotheken. In jedem Fall lohnt es sich aber, auf sie vorbereitet zu sein: fremdsprachige Kunden ohne oder mit nur geringen Deutschkenntnissen.
Denn es lauern Stolpersteine: Schwierigkeiten im gegenseitigen Verstehen können die Kommunikation problematisch machen. Im schlimmsten Fall leidet die Medikamenten- und Therapiesicherheit. Ist sich der fremd­­­­­sprachige Patient nicht sicher, wie er sein Arzneimittel einnehmen soll, droht eine falsche Einnahme bis hin zur Non-Compliance (keine oder geänderte Einnahme). Auch der umgekehrte Fall kann auftreten: Versteht der Apotheker die Schilderung der Symptome nicht richtig und gibt ein unpassendes Medikament ab, kommt es unter Umständen zu Therapiefehlern mit negativen Folgen für den Patienten.
Wie erklärt man nun im individuellen Fall die ordnungsgemäße Anwendung und Einnahme von Medikamenten, ohne dass Compliance oder Arzneimittelsicherheit darunter leiden?

Um welche Kunden es geht

Viele Pharmazeuten im Praktikum oder junge Apotheker haben es wahrscheinlich schon einmal selbst oder bei Kollegen erlebt. Vor allem im Umfeld von Stadtapotheken gibt es Kunden, die über keinerlei oder nur geringfügige Deutschkenntnisse verfügen. Das können Geflüchtete sein, aber auch Deutsche mit Migrationshintergrund und in Deutschland lebende Ausländer. Auch in Urlaubsgebieten passiert es, dass ausländische Touristen pharmazeutische Hilfe suchen. Bei all diesen Kunden wird meist relativ schnell ersichtlich, dass die Kommunikation nicht ganz einfach werden könnte. Sind die Deutschkenntnisse der Kunden für eine Beratung nicht ausreichend und findet man auch sonst keine gemeinsame Fremdsprache, wird es oft schwierig zu verstehen, über welche Beschwerden der Kunde oder die Kundin klagt. Hier müssen Lösungen und Hilfsmittel her, um richtig beraten zu können.

Die 12 Weltsprachen, also die am meisten gesprochenen Sprachen (sowohl als Mutter- als auch Fremdsprache) der Welt sind:

  1. Englisch
  2. Chinesisch
  3. Indisch (Hindi)
  4. Spanisch
  5. Französisch
  6. Arabisch
  7. Russisch
  8. Portugiesisch
  9. Bengalisch
  10. Deutsch
  11. Japanisch
  12. Koreanisch

Kollegen als Sprachgenies und Dolmetscher

Kann man dem Kunden selbst aufgrund der Sprachbarriere nicht weiterhelfen, macht es Sinn, bei den Kollegen nachzufragen, welche Sprachen sie wie gut beherrschen. Dabei kommen oft erstaunliche Sprachkenntnisse ans Licht. Der Einfluss verschiedener Kulturen macht eben nicht bei den Kunden halt. Mitarbeiter mit Migrationshintergrund oder ein im Ausland verbrachtes Semester während des Studiums machen sich hier positiv bemerkbar. Festgehalten in einer ausgehängten Liste, findet man dauerhaft schnelle Abhilfe innerhalb des Teams. Mit dieser Maßnahme deckt man bereits meist einige Sprachen gut ab.

Hilfe aus dem Netz

Welche Alternativen gibt es noch? Was, wenn auch die Kollegen sprachlich nicht weiterhelfen können? Für gängige Indikationen kann Informationsmaterial in verschiedenen Sprachen ausgedruckt oder als Linksammlung angelegt werden. Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin bietet Informationsbroschüren für ausgewählte Krankheiten und Themen in diversen Fremdsprachen zum Download an. Man kann den Kunden auffordern, die auf ihn zutreffenden Hinweise zu lesen. Zudem können sie mitgegeben werden.
Auch aponet.de bietet Arbeitshilfen. Im Zuge des Flüchtlingsstromes 2015 und der entstandenen Herausforderungen für das Gesundheitssystem wurden diese in arabischer und persischer Sprache verfasst. Zudem enthalten sie Informationen zu wichtigen Notrufnummern, Leistungen für Asylbewerber und weitere grundsätzliche Fragestellungen.
Beim Refugee Phrase Book handelt sich um eine offene Sammlung hilfreicher Phrasen und Begriffe als nützliches Basisvokabular oder aber in Form ganzer Sätze, die Geflüchteten beim Arzt- oder Apothekenbesuch weiterhelfen sollen.
Weitere gute Alternativen stellen Erklärvideos dar, wie die der Deutschen Atemwegsliga zum Thema Inhalation. Zudem lohnt es sich, ab und zu auf den Websites diverser Pharmaunternehmen und auf YouTube zu surfen. Auch dort kann man oft nützliche Erklärvideos finden und sich für zukünftige Beratungen abspeichern (s. Kasten unten).
Sollen nur einzelne Begriffe geklärt werden, schlägt man diese am besten in einem kostenfreien Online-Wörterbuch nach. Langenscheidt bietet eine Vielzahl von Sprachen, derzeit 28. Die Vorlesefunktion sorgt für das richtige Verstehen beim Kunden. Sie ist ebenfalls beim Wörterbuch Leo zu finden, allerdings deckt dieses neben Russisch und Chinesisch hauptsächlich europäische Sprachen ab. Die Eingabe und Übersetzung sowie das Vorlesen ganzer Sätze ermöglicht zudem Google Translate in zahlreichen Sprachen.

Im Netz findet man zahlreiche Arbeitshilfen und Videos, die die Beratung unterstützen können.

Piktogramme helfen

Bei Verständigungsschwierigkeiten auf sprachlicher Ebene versprechen einfache Piktogramme schnelle Hilfe. Von der Apothekerkammer Nordrhein existieren zahlreiche Piktogramme zu den Themen Dosierung, Einnahmezeitpunkte, Nebenwirkungen, etc.. Beim Weltapothekerverband International Pharmaceutical Federation (FIP) ist es sogar möglich, eine kostenlose Offline-Software herunterzuladen und damit für jeden Patienten individuelle Piktogramme anzufertigen. Ausgedruckt und laminiert, können sie schnell am HV-Tisch vorgezeigt werden. Praktischerweise klebt man die benötigten Bilder einfach auf die jeweiligen Packungen.

Was fehlt dem Kunden?

Die bisher vorgestellten Hilfsmittel machen die Beratung seitens des pharmazeutischen Personals einfacher. Doch was tun, wenn man nicht versteht, was dem Kunden eigentlich fehlt?
Für solche Fälle hat das Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg die UKAPO-Kommunikationsmappe entwickelt. Gemäß den Kommunikationsleitlinien der Bundesapothekerkammer wurden Bildelemente für typische Beratungssituationen entworfen. Hilfreich daran ist, dass sie nicht nur dem Apotheker bei der Beratung helfen. Auch der Patient ist nun leichter in der Lage zu kommunizieren. Er äußert seine Symptome, indem er einfach auf die passenden Bildsymbole zeigt.

Also keine Angst vor der Beratung von Kunden mit keinen oder geringen Deutschkenntnissen. Einfach mal bei den Kollegen nachhaken, welche Fremdsprachen sie beherrschen, und im Internet die genannten Tools durchklicken. Auch diese Beratungs-Challenge kann erfolgreich gemeistert werden.

Michaela Theresia Schwarz

ist Apothekerin, PTA und Fachjournalistin. Nach ihrem Pharmaziestudium an der Universität Regensburg war sie in Apotheken im In- und Ausland sowie im fachredaktionellen Bereich tätig.