Fotografie: Lonneke van der Palen

Apotheke statt Uni

Das Studium neigt sich dem Ende zu, und das Praktische Jahr rückt in greifbare Nähe? Dann seid ihr für mindestens sechs Monate dieses praxisbezogenen Ausbildungsteils in der öffentlichen Apotheke. Wer sich gut vorbereitet, kann entspannt ins Berufsleben einsteigen. Hier ein paar Tipps für Apothekenneulinge.

Das Praktische Jahr (PJ) startet nach dem zweiten Staatsexamen und dient dazu, die im Studium erworbenen Kenntnisse zu vertiefen, zu erweitern und in der Praxis umzusetzen. Die rechtliche Grundlage und damit Wissenswertes zu eurer praktischen Ausbildung findet ihr in der Approbationsordnung für Apotheker (§4 AAppO).

Der Weg zur PJ-Stelle

Ihr könnt als Pharmazeut:in im Praktikum (PhiP) die zwölf Monate entweder komplett in der Apotheke verbringen oder für sechs Monate in einen anderen Bereich hineinschnuppern, beispielsweise in die pharmazeutische Industrie oder in eine Krankenhausapotheke. Worauf habt ihr Lust? Und was ist euch mit Blick auf die Ausbildungsapotheke wichtig? Hört in euch rein, recherchiert im Netz (z. B. auf jobpharm.de, auf den Internetseiten der Apothekerkammern oder direkt bei den Unternehmen) und besucht die Apotheke vielleicht mal als Kunde oder Kundin, um ein Gespür für die Stimmung vor Ort zu bekommen. Längst nicht jede Apotheke schreibt eine PhiP-Stelle aus – Nachfragen lohnt sich also! Im nächsten Schritt geht’s ans (rechtzeitige) Bewerben.

Ein guter Plan

Im Vorstellungsgespräch werdet ihr auch mehr über die Apotheke und den Ablauf des Praktischen Jahres erfahren. Einige Apotheken haben einen eigenen Plan für PhiP. Andere greifen vielleicht auf den „Leitfaden für die praktische Ausbildung von Pharmazeuten im Praktikum in der Apotheke“ der Bundesapothekerkammer zurück, der einen Musterausbildungsplan und Arbeitsbögen enthält
(s. Kasten „Nützliche Links“). Hat die Apotheke keine konkrete Vorgehensweise, könnt ihr bei Bedarf den Leitfaden ins Spiel bringen. Überlegt euch außerdem, was ihr braucht: Hilft es euch beispielsweise, ein festes Mentoring zu haben? Soll ein Apotheker oder eine Apothekerin regelmäßig mit euch ein Thema am HV-Tisch durchgehen, oder wollt ihr etwas ausarbeiten? Manchmal ergibt sich ein Bedarf auch erst in der Praxis.
In Sachen Arbeitsvertrag gilt: gründlich durchlesen, offene Fragen klären, am besten eine Nacht darüber schlafen und dann erst unterschreiben. Einen Vordruck gibt es beispielsweise auf der Internetseite der Apothekengewerkschaft ADEXA. Diese bietet außerdem gemeinsam mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank ein Seminar für Studierende des 7. und 8. Semesters rund um die Vorbereitung auf das PJ und den Einstieg ins Berufsleben an.

Nützliche Links

In der Vorbereitung

Im Vorfeld ist es beispielsweise gut zu wissen, wann man am ersten Tag anfangen soll und wie es um das Thema Kleidung steht: Sind Kittel oder Teamshirts für euch vorhanden, existieren weitere Vorgaben? Denkbar ist auch eine Nachfrage, ob man sich inhaltlich (s. Kasten „Hilfreiche Literatur“) vorbereiten und vorab die Unterlagen für die Gehaltsabrechnung, wie Kontodaten oder Lohnsteuerklasse, zusammenstellen soll. Überlegt außerdem, bei welcher Krankenkasse euch der Arbeitgeber anmelden soll und welche Versicherungen schon während des PJ notwendig werden oder sinnvoll sind.
Eine Besonderheit gibt es beim Thema Rente: Für Apotheker und Apothekerinnen existiert mit dem Versorgungswerk eine standeseigene Altersvorsorge. Für euch wichtig zu wissen ist, ob ihr bereits während des PJ Pflichtmitglied bei der Landesapothekerkammer und dem zugehörigen berufsständischen Versorgungswerk seid, freiwillig einzahlen könnt oder bis nach der Approbation warten müsst. Wer Pflichtmitglied in der Apothekerversorgung ist und einer pharmazeutischen Tätigkeit nachgeht, kann sich von der Zahlung an die Deutsche Rentenversicherung Bund befreien lassen. Wie das in eurem Kammergebiet geregelt ist, weiß wahrscheinlich euer (zukünftiger) Arbeitgeber. Alternativ könnt ihr auch bei der zuständigen Apothekerkammer oder dem Versorgungswerk nachfragen. Für alles gibt es entsprechende Anträge.
Ein weiteres Hilfsmittel für den Apothekenalltag ist es, sich ein kleines Notizbuch anzuschaffen, in dem wichtige Aspekte notiert oder Fragen aufgeschrieben werden können.

Die erste Zeit

Was kommt auf euch zu? Zu Beginn lernt ihr euer neues Team kennen und werdet im Idealfall Schritt für Schritt an die verschiedenen Bereiche herangeführt, bekommt viel erklärt und dürft nach und nach selbst Aufgaben übernehmen. Wichtig ist es, zuzuhören und bei Bedarf nachzufragen. Das Qualitätsmanagement-Handbuch der Apotheke ist sicher gut geeignet, um bestimmte Abläufe theoretisch nachzuvollziehen. Am Anfang werdet ihr wahrscheinlich primär nicht pharmazeutische Aufgaben übernehmen, wie Waren wegräumen oder Inventur machen. Definitiv positiver Nebeneffekt: Ihr bekommt ein Gespür für den Ablauf und die Struktur der Apotheke und fühlt euch sicherer für zukünftige pharmazeutische Tätigkeiten. Wer sich beispielsweise mit dem Aufbau der Sicht- und Freiwahl vertraut gemacht hat, findet bei den ersten Kundenkontakten schneller das gewünschte Nasenspray oder die Handcreme für trockene Haut.
Am Anfang des PJ werdet ihr möglicherweise ziemlich erledigt sein. Viele neue Eindrücke, den ganzen Tag auf den Beinen – das strengt an. Nehmt euch für den Feierabend daher zu Beginn besser nicht zu viel vor und sorgt lieber für Entspannung.

Hilfreiche Literatur

Allgemeinpharmazie
Ein Lehrbuch für Praktisches Jahr,
Weiterbildung und Apothekenpraxis

Patrick Schäfer (Hrsg.)
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart,
2. Auflage 2021

Einstieg ins Beratungsgespräch
Interaktiv Beraten üben

Bettina Stollhof / Andrea Erdal /
Janine Ziemann / Joachim Framm
Deutscher Apotheker Verlag, 2021

Selbstmedikation für die Kitteltasche
Leitlinien zur pharmazeutischen Beratung
Für die Kitteltasche

Kirsten Lennecke / Kirsten Hagel
Deutscher Apotheker Verlag, 7. Auflage 2021

TOP 60 Arzneistoffe Rx
Stefanie Panusch
Deutscher Apotheker Verlag, 2. Auflage 2021

Der erste Tag
Fit für den Berufseinstieg Apotheke

Annette Lüdecke
Deutscher Apotheker Verlag, 2017

Übung führt zu mehr Sicherheit

Die erste Zeit ist meist ganz schön aufregend und manchmal auch mit Unsicherheiten behaftet. So ist das praktische Arbeiten in der Apotheke neu, die Präparatenamen sind größtenteils unbekannt, und das Gespräch mit der Kundschaft gestaltet sich mitunter ganz anders als erwartet. Empfehlenswert für die Arbeit am HV-Tisch ist es daher unter anderem, sich mit dem Kassensystem vertraut zu machen. Dazu kann man fertig bearbeitete Rezepte probehalber eingeben oder freiverkäufliche Präparate im System anwählen, ohne den Vorgang abzuschließen. Auch Verordnungen auf Vollständigkeit zu prüfen oder Beratungssituationen mit wichtigen Fragen und möglichen Empfehlungen durchzuspielen, kann helfen. Wer im Team übt, bekommt darüber hinaus auch gleich Feedback, ob das Wissen kundenfreundlich vermittelt wurde. Eine gute Unterstützung sind in diesem Zusammenhang auch die Leitlinien und Arbeitshilfen der Bundesapothekerkammer (s. Kasten „Nützliche Links“).
Das Wissen praktisch anzuwenden und sich einzuarbeiten, erfordert Übung. Ihr dürft lernen, ausprobieren, euch trauen und immer nachfragen oder um Unterstützung bitten. Mit der Zeit fühlt ihr euch garantiert immer sicherer.

So geht es weiter

Zum Praktischen Jahr gehören auch die begleitenden Unterrichtsveranstaltungen (zweimal zwei Wochen), die von den Apothekerkammern organisiert werden. Dafür müsst ihr keinen Urlaub nehmen, sondern werdet vom Arbeitgeber freigestellt. Ob ihr eine Einladung erhaltet oder euch selbst anmelden müsst, ist unterschiedlich.
Während des Praktikums bereitet ihr euch auf das dritte Staatsexamen vor. Auch wenn Urlaub zum Erholen da ist: Spart euch vielleicht ein paar Tage auf, um am Ende mehr Zeit zum Lernen zu haben. Bis zu einer bestimmten Frist müsst ihr euch um die Zulassung zum dritten Staatsexamen kümmern. Ist die Prüfung bestanden, beantragt ihr die Approbation. Grundlegende Informationen dazu findet ihr in der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO).
Außerdem wichtig: Wo wollt ihr später arbeiten? Kümmert euch rechtzeitig um die Jobsuche. Wenn ihr noch keine Anschlussbeschäftigung habt, dann meldet euch spätestens drei Monate vor Ablauf des Praktischen Jahres bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend, um im Zweifel Arbeitslosengeld zur Überbrückung zu erhalten.
Das Praktische Jahr ist eine großartige Gelegenheit, den Arbeitsmarkt für Pharmazeuten kennenzulernen und erste Berufserfahrungen zu sammeln. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich frühzeitig Gedanken zu machen und zu planen, um dann gelassen starten zu können.

Annette Lüdecke

ist Apothekerin und arbeitete in ihren ersten Berufsjahren in der öffentlichen Apotheke. Anschließend absolvierte sie ein zweijähriges Volontariat bei der Deutschen Apotheker Zeitung und schreibt seitdem als freie Journalistin für pharmazeutische Fachzeitschriften. In dieser Zeit verfasste sie auch ein Buch über den Berufseinstieg in die Apotheke.