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Die grüne Offizin

In der Apotheke nachhaltig handeln und beraten

Wer auch in der Apotheke nachhaltig und ökologisch bewusst handeln will, kann sich bei den Pharmacists for Future engagieren. Die Aktivist:­innen-Gruppe will Pharmazie nachhaltig gestalten und die Themen Klima- und Umweltschutz in der Offizin ­sensibilisieren. Gründungsmitglied Patrick Neumann gibt Einblicke und Ausblicke.

Die Klimakrise ist heute sichtbarer denn je. Dabei sind es nicht nur die schmelzenden Pole, die Dürren oder die Überschwemmungen, sondern eine komplette Veränderung des Klimas, die den Klimawandel für jeden spürbar macht. Anfang Juli 2023 jagte in Europa ein Hitzerekord den nächsten, während in Asien oder den USA Überschwemmungen für Chaos sorgten. Die Klimakrise ist aber auch eine Gesundheitskrise. Allein die Hitze sorgt jährlich für Tausende Tote in Deutschland. In Europa starben 2022 rund 60.000 Menschen an den Folgen der Hitze [2]. Aber auch die Luftverschmutzung ist für vermehrte Lungenprobleme und das Abholzen der Wälder für Zoonosen mitverantwortlich.

Es ist schon eine Weile her, dass Greta Thunberg am 20. August 2018 mit einem selbst gebastelten Schild mit der Aufschrift „Skolstrejk för klimatet“ (Schulstreik fürs Klima) vor dem schwedischen Reichstagsgebäude in Stockholm saß. Mittlerweile ist die Fridays-for-Future-Bewegung aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, und zum globalen Klimastreik am 23. September 2022 gingen in Deutschland 280.000 Menschen auf die Straße. Doch wie sieht es mit der Apotheker:innenschaft aus? Viele Gesundheitsberufler:innen findet man bei Health for Future – eine Initiative der Deutschen Allianz Klima und Gesundheit (KLUG). Seit Februar 2021 setzt sich eine Gruppe aus Pharmazeut:innen für mehr Nachhaltigkeit in der Pharmazie ein und startete die Pharmacists for Future (PhfF) – eine Initiative des Vereins demokra­tischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) [3]. In diesem deutschlandweiten Bündnis finden sich Approbierte, PTA und Studierende aus allen Bereichen der Pharmazie zusammen mit dem Ziel, „die Aus­wirkungen von Arzneimitteln in ihrem gesamten Ent­wicklungs- und Lebenszyklus zu identifizieren, zu evaluieren und den Umgang zu optimieren“. Aber nicht nur Umweltschutz spielt eine Rolle, sondern auch das Thema Nachhaltigkeit. Die Nachhaltigkeit betrachtet nicht nur die Umwelt, sondern auch die Bereiche Wirtschaft und Soziales sowie deren Interaktionen.

Klimaschutz vorleben

wichtig? Der Gesundheitssektor trägt mit 5,2% zu den CO2-Emissionen in Deutschland bei [1]. Andere Daten zeigten, dass rund 25 t CO2-Äquivalente auf eine öffentliche Apotheke pro Jahr zurückfallen. Das Ziel von pharmazeutischem Personal ist die Erhaltung der Gesundheit sowie die Verbesserung und Prävention von Erkrankungen. Eine gute Beratung in den Apotheken muss deshalb auch diese Zusammenhänge und klimabedingten Probleme der Patient:innen berücksichtigen. Bereits im Beratungs­gespräch kann das Apothekenpersonal aktiv informieren und als Vorbild zum Klimaschutz dienen. Schon heute wird die Beratung immer intensiver, vor allem in den Sommermonaten, wenn die Patient:innen beispielsweise über Prävention mit Sonnenschutz bis zur Behandlung von ­Dehydratation und Sonnenbrand begleitet werden.

Nach dem Apothekengesetz ist der gesetzliche Auftrag der Apothekerschaft die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Dies sollte nicht ohne ­Berücksichtigung der Rahmenbedingungen erfolgen, die mit Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung großen Ausmaßes einhergehen. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten in der Apotheke, sei es beim Strom, bei der Digitalisierung, Mobilität oder auch beim Wasserverbrauch. Kurzfristig ist ein Umstieg auf Ökostrom oder ein Wechsel der Leuchtmittel auf energie­effiziente LED-Lampen möglich, die im Vergleich zu den herkömmlichen Glühbirnen rund 50% Strom einsparen und damit auch Kosten für die Apotheke. Ein weiterer großer Bereich ist der motorisierte Verkehr, der zu einem Fünftel zu den Treibhausemissionen beiträgt, auch hier kann die Apotheke, je nach Lage, ein Vorbild sein, beispielsweise mit einem möglichen Elektroauto für Botendienste oder ein E-Bike für kurze Strecken. Weitere Ressourcen können auch durch Recycling gespart werden, dementsprechend ist auch die Mülltrennung von Relevanz. Dabei gilt zunächst einmal, möglichst viel Müll zu vermeiden. Am meisten fällt in der Apotheke Papiermüll an. Für Druckerzeugnisse sollte Recyclingpapier verwendet werden, dies schont nicht nur die Wälder, sondern spart auch Wasser. Ebenfalls kann ein Fax auf das E-Mail-Konto umgeleitet und digitalisiert werden. Auf der Homepage der Pharmacists for Future ist eine Checkliste für die Apotheke zu finden, die Nachhaltigkeitsaspekte aufgreift [4].

„Klimaschutz“ beim Deutschen Apothekertag

Motto „Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“. Zu diesem Anlass wurde von den Pharmacists for Future ein eigener Stand auf der Expopharm organisiert, und zusammen mit der AG Nachhaltigkeit der Landesapothekerkammer (LAK) Thüringen wurden 26 Anträge zum Thema Nachhaltigkeit erarbeitet, von denen zehn beim DAT eingereicht wurden. Insgesamt standen 18 Anträge zum Thema „Klimaschutz“ auf der Agenda, von denen vier angenommen wurden. Bisher fehlt jedoch häufig das Wissen zur Nachhaltigkeit in der Pharmazie, und die Thematik wird weder in der Ausbildung noch in den Weiterbildungen gelehrt. Die Pharmacists for Future arbeiten derzeit daran, das zu ändern. So gab es bereits erste Vorträge an Universitäten und weitere Vorträge sowie Workshops beispielsweise mit der Apothekerkammer Berlin sind geplant. Ebenfalls klären die Pharmacists for Future über soziale Medien und zu aktuellen Themen auf. Denn nur mit dem entsprechenden Hintergrundwissen können Apotheker:­innen und pharmazeutisch-technische Assistent:innen (PTA) als Vorbild fungieren und die Bevölkerung entsprechend aufklären.

Engagement erwünscht

Als Pharmacists for Future setzen wir uns auf verschiedenen Wegen für mehr Nachhaltigkeit in der Pharmazie ein. Neben den verschiedenen Fortbildungsangeboten setzen wir uns vor allem auf politischer Ebene für Veränderungen ein und diskutieren mit Kammervertreter:innen, Apotheker:innen und Politiker:innen. Parallel laufen immer viele weitere Projekte, so wurde zum Hitzeaktionstag 2023 mit einer Pressemitteilung und über Social Media auf die ­Thematik aufmerksam gemacht. Auch vor Ort in Berlin waren Vertreter:innen aktiv und sind zusammen mit Health for Future den „Hitzetod gestorben“.

Bei den Pharmacists for Future können alle Interessierte, egal ob Approbierte, PTA oder Auszubildende, mitmachen. Es wird kein Vorwissen benötigt oder eine Mitgliedschaft verlangt, da es sich bei den Pharmacists for Future um eine Bewegung handelt, die gerade von dieser Vielfalt, den unterschiedlichen Perspektiven und Ideen aus den verschiedenen Bereichen der Pharmazie lebt. Bist du auch motiviert, dich für mehr Nachhaltigkeit in der Pharmazie zu engagieren, oder willst du dich erstmal nur informieren? Neben unserer Besprechung bieten wir zu Beginn auch einen kurzen Input zu einem aktuellen Thema und laden dazu verschiedene Expert:innen ein. Einbringen kann sich jede:r bei Projekten, bei Social-Media-Aktionen, der Homepage oder auch mit eigenen Ideen. Wir treffen uns immer am ersten Dienstag im Monat online und diskutieren über verschiedene Projekte und Ideen und freuen uns jedes Mal über neue Gesichter!

Literatur
[1] Global Road Map for Health Care Decarbonization. Arup Health care without harm, 2014, https://healthcareclimateaction.org/fact-sheets/en/English%20-%20Germany
[2] dpa. Mehr als 60.000 hitzebezogene Todesfälle in Europa. Artikel der Pharmazeutischen Zeitung vom 10.Juli 2022, www.pharmazeutische-zeitung.de
[3] Pharmacists for Future. https://pharmacistsforfuture.org/
[4] Schmidt R. Checkliste Nachhaltigkeit in der öffentlichen Apotheke. Pharmacists for Future, https://pharmacistsforfuture.org/wp-content/uploads/2022/08/Checkliste_nachhaltige_Apotheke.pdf

Patrick Neumann

Patrick Neumann hat nach einer Ausbildung zum PTA in Marburg Pharmazie studiert und arbeitet in einer krankenhaus­versorgenden Apotheke. Bei den Pharmacists for Future ist er aktives Mitglied.